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BGE 119 Ib 311: Kein Recht auf Anhörung in Gerichtsverfahren


Aus dem Öffentlichkeitsprinzip lässt sich kein Anspruch auf eine Anhörung ableiten.

Die Vorinstanz hatte mit einem Beschwerdeführer keine persönliche Befragung durchgeführt. Der Öffentlichkeitsgrundsatz, wie er aus Art. 6 EMRK fliesst, besagt zwar nicht, welche Prozesshandlungen an der Hauptverhandlung vorgenommen werden müssen und in welcher Form dies zu geschehen habe. Er enthält insbesondere keine Aussagen darüber, welche Beweismittel abgenommen werden müssen.

Dies betrifft vielmehr die Prinzipien der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit, die zwar mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit in einem gewissen Zusammenhang stehen, dabei aber Prinzipien mit durchaus je eigenständigem Gehalt darstellen.

Was das persönliche Erscheinen des Angeklagten betrifft, so garantiert Art. 6 EMRK - im Gegensatz zu Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II - nicht ausdrücklich seinen Anspruch, bei der Verhandlung persönlich anwesend zu sein. Das Recht des Angeklagten auf persönliche Teilnahme an der Hauptverhandlung ist indessen anerkannt. In gleicher Weise garantiert der Gleichbehandlungsgrundsatz dem Angeklagten einen unbedingten Anspruch, vor Erlass eines Entscheides, der ihn belastet oder belasten könnte, angehört zu werden, bei der Beweisabnahme anwesend zu sein und Beweisanträge stellen zu können. Dies ergibt sich somit nicht aus dem Öffentlichkeitsprinzip.

Das Urteil finden sie hier.

(Stand: 06.06.2022)